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29. April 2011

Bauüberwachung durch den Architekten – wann ist der Architekt für Baumängel verantwortlich?

Organisationsverschulden des Architekten bei kritischen Bauphasen

Nach einem Urteil des BGH (22.07.2010, Az.: IIX ZR 77/08) ist ein rechtswirksamer Zusammenhang zwischen einem Baumangel und einer Pflichtverletzung der Bauüberwachung seitens des Architekten nicht allein durch den Anschein gegeben, der Architekt hätte den Bauleiter oder die mit der Bauleitung befassten Auftragnehmer nicht sorgfältig genug ausgesucht oder eingesetzt.

Dies gelte auch bei schwerwiegenden Baumängeln, wenn der sich daraus ergebende Bauüberwachungsfehler auch einem erfahrenen Bauleiter hätte unterlaufen können, welcher sorgfältig ausgesucht wurde.

Ein Urteil, das wieder einmal beweist, dass die Bauüberwachungspflicht des Architekten generell sehr eingeschränkt ist. Eine Pflicht des Architekten ständig vor Ort zu sein besteht schließlich nicht, bzw. nur in angemessener und zumutbarer Weise. Der beauftragte Bauunternehmer und die Bauleitung schützen den Architekten bis zu einem gewissen Grad vor der Überwachungspflicht, da Sie Teile der Überwachung selbst vornehmen. Mängel am Bau und eine daraus abgeleitete Bauüberwachungspflichtverletzung des Architekten sollte deshalb von einem erfahrenen Anwalt geprüft werden – das gilt für Kläger und Beklagten. Mit diesem „Spielraum“, den der Bundesgerichtshof den Architekten lässt, ist nämlich der Einwand des Architekten möglich, dass er irrtümlich davon ausging, diese Leistung überhaupt nicht überwachen zu müssen. Viel allgemeiner noch kann er einwenden, dass der oder die Mängel am Bau auch bei korrekter Organisation der Bauaufsicht hätten übersehen werden können.

Welche Überwachungspflichten des Architekten bestehen dann überhaupt?

Dieses Urteil ist trotz allem kein Freibrief für den Architekten. Pflichtverletzungen wegen mangelhafter Bauüberwachung bleiben davon unberührt. Der Architekt hat grundsätzlich die Verpflichtung, den Bau einwandfrei und vertragsgemäß zu errichten. Einwandfrei beinhaltet natürlich das Fehlen von Mängeln jeglicher Art.

Nicht überwachen muss ein Architekt solche Leistungen, die als handwerkliche Standards vom Bauunternehmer erbracht werden und als allgemein übliche Leistungen eines Bauunternehmers vorausgesetzt werden können.

Die Bauüberwachung durch den Architekten umfasst regelmäßige Kontrollen und die Prüfung, ob seine Anweisungen auch fachgerecht erledigt werden. Bei der Beauftragung einer nachweisbar kompetenten Bauleitung durch den Architekten wird dies jedoch nicht häufig sein.

In zwei Fällen ist aber eine Anwesenheit des Architekten vor Ort besonders gefordert. Wenn sich im Verlaufe der Bauarbeiten Mängel abzeichnen, ist eine erhöhte Frequenz der Kontrollen erforderlich. Ein Baumangel der hieraus entsteht, könnte trotz eines Bauleiters vor Ort zu einer Verletzung der Bauüberwachungspflicht seitens des Architekten führen.

Weiterhin gehen besonders kritische Bauphasen, von denen das Gelingen des gesamten Baus abhängt, mit einer erhöhten Verpflichtung und Aufmerksamkeit bei der Bauüberwachung einher. Die Prüfung der Zuverlässigkeit der beauftragten Subunternehmen spielt dabei ebenfalls eine Rolle.

Ein Organisationsverschulden des Architekten anzunehmen, ist daher besonders abhängig vom Einzelfall. Eine Rechtsberatung durch einen spezialisierten Anwalt ist daher schon bei der vertraglichen Gestaltung empfehlenswert. Dadurch werden Haftungsrisiken von Anfang an vermieden.