Verjährung der Schlussrechnung im Architektenrecht / Baurecht
Wann beginnt die Verjährungsfrist bei Schlussrechnungen?
Der im BGB geltende Grundsatz, dass eine Verjährung nach dem Erbringen einer Leistung zu laufen beginnt, also dann, wenn der Anspruch entstanden ist, wird durch die zusätzlichen speziellen Regelungen der HOAI außer Kraft gesetzt. Selbst der Fristlauf im BGB beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahres in welchem der Anspruch entstand. In der HOAI wird der (erweiterte) Fristbeginn durch § 8 Abs. 1 geregelt:
(1) Das Honorar wird fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist.
Das Vorliegen und Überreichen einer objektiv prüffähigen Schlussrechnung durch den Architekten oder Ingenieur ist also eine weitere, rechtswirksame Voraussetzung zur Feststellung des Anfangszeitpunktes und dem Beginn des Laufs einer Verjährungsfrist!
Hintergrund dieser Regelung ist sogar ein Schutz der Interessen des Auftraggebers: Erst nach der detaillierten Erklärung des Architekten in der Schlussrechnung hat der Auftraggeber nämlich die Möglichkeit, die Forderungen zu prüfen und etwaige Abzüge vorzunehmen oder Gegenforderungen geltend zu machen.
Angemessener Zeitraum für die Schlussrechnung des Architekten
Bedeutet dies nun, dass eine Leistung auch nach Jahren oder gar Jahrzehnten berechnet werden kann? Ja, das Überreichen der Schlussrechnung ist ein wesentlicher Bestandteil des Beginns der Verjährungsfrist. Eine Beeinträchtigung der Interessen des Auftraggebers kann dabei nicht unbedingt erkannt werden. Die Begleichung einer Rechnung auch nach Jahren kann schließlich auch ein Vorteil sein, wenn man davon ausgeht, dass die Rechnungssumme in jedem Fall hätte gezahlt werden müssen. Zinsen fallen nämlich zunächst bis zur Erstellung und Überreichung der Schlussrechnung keine an.
Der Architekt hat somit, was häufig nicht bekannt ist, dem Grunde nach den Beginn der Verjährungsfrist bezüglich seines Architektenhonorars als gesetzliche Ausnahme unter anderen Freiberuflern und Dienstleistern selbst mit Erstellung und Überreichung einer prüffähigen Schlussrechnung in der Hand!
Dem Architekten droht somit grundsätzlich nach Beendigung seiner planerischen geistigen Tätigkeit und vor Erstellung und Überreichung einer (prüffähigen) Schlussrechnung keine Verjährung seiner Honoraransprüche!
Insbesondere für die sich oft in Arbeitsüberlastung befindlichen Architekten, welche nach Beendigung der Architektenleistung nicht zeitnah zu einer oft zeitaufwendigen Abrechnung ihres Honorars kommen, stellt dies eine wichtige und unverzichtbare Information dar.
Ich wurde schon des Öfteren von Architekten konsultiert, die selbst aufgrund von Arbeitsüberlastung längere Zeit nicht dazugekommen waren, eine Schlussrechnung zu erstellen, und die dann die weitere Rechtsverfolgung diesbezüglich aufgegeben haben, weil sie fälschlicherweise davon ausgingen, es sei bereits eine Verjährung des Honoraranspruch eingetreten. In diesen Fällen konnte der Honoraranspruch regelmäßig noch „gerettet“ werden.
Der Auftraggeber ist jedoch auch nicht machtlos. Als Rechtsanwalt für Architektenrecht kann ich raten, dem mit der Rechnungsstellung säumigen Architekten eine angemessene Frist zu setzen. Die Angemessenheit ist dabei von Fall zu Fall verschieden und wird u.a. durch die Größe des Projektes, dem Zeitverlauf und der aktuellen Rechtssprechung mitbestimmt. Anwaltlicher Rat ist hier sicher gefragt. Bleibt der Architekt weiter untätig, kann die Verjährung unter bestimmten Umständen mit Ablauf der Frist zur Rechnungsstellung beginnen.
Prüffähigkeit der Honorarrechnung
Der BGH stellt zum Thema Prüffähigkeit allgemein fest: Eine prüffähige Rechnung müsse diejenigen Angaben erhalten, die nach dem vorliegenden Vertrag und der HOAI objektiv unverzichtbar seien, um die sachliche und rechnerische Prüfung des Honoraranspruchs zu ermöglichen.
Nach dem bekannten Grundsatz: „Keine Regel, ohne Ausnahme“, gibt es aber auch hier Einschränkungen:
Prüffähigkeit trotz fehlender unverzichtbarer Angaben
Eigentlich als eine Art von Ausnahme, billigt der BGH trotz fehlender unverzichtbarer Angaben dem Architekten zu, eine solche (unvollständige) Rechnung ausstellen zu dürfen, wenn Sie den Kontroll- und Informationsbedürfnissen des Auftraggebers genügt.
Bemängelt der Auftraggeber die Prüffähigkeit, hat er generell die Einwände gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung schriftlich und substantiell an den Architekten zu übergeben.
Selbst wenn die Rechnung sich doch als objektiv prüffähig herausstelle, beginnt die Verjährung dann mit Ausstellen der neuen Schlussrechnung, da die erste Fassung der Schlussrechnung schließlich vom Auftraggeber bemängelt worden sei.
Die Grundsätze des BGHs zu Verjährung und Prüfbarkeit der Honorarabschlussrechnung des Architekten sind zwar in sich stimmig, aber auf Grund der vielen Ausnahmefälle und verschiedenen teilweise sehr speziellen Einzelfälle, die der BGH zu entscheiden hatte, schwierig anzuwenden. Als auf das Architektenrecht fokussierte Kanzlei gilt es deshalb, den Einzelfall genau zu prüfen und die Berechnung der Verjährungsfristen mit Urteilen aus der ständigen Rechtsprechung zu untermauern – so vertreten wir Ihre Interessen.
Unsere Kanzlei beantwortet gerne Ihre Fragen zu Ihrem speziellen und konkreten Fall in den Bereichen Baurecht, Immobilien- und Architektenrecht.